Hartnäckig, wenn auch jenseits der Wirklichkeit, behauptet sich die Vorstellung von Deutschland als Jodmangelgebiet. Eine Zunahme der Kropfhäufigkeit, von den jodreichen Küstenregionen Schleswig-Holsteins zu den jodarmen Alpentälern Bayerns, läßt sich heute kaum noch ausmachen. Schon ein regelmässiger Verzehr von Seefisch oder Algen gleicht einen Jodmangel aus. Zusätzlich sorgen in unserem Land Bäcker, Fleischer und Nahrungsmittelindustrie für die Zusatzjodierung unserer Ernährung. Von einem Jodmangel kann also keine Rede mehr sein. Dafür gibt es jetzt ein neues Problem, das noch viel zu wenig Beachtung findet: Jodsensibilität.
Von Kali Balcerowiak, HP
Die schmetterlingsförmige Schilddrüse hat ihren Namen abgeleitet aus ihrer unmittelbaren Nachbarschaft zum Schildknorpel, der die vordere und jeweils seitliche Wand des Kehlkopfes bildet. Unterhalb des Kehlkopfes umfasst sie im Halbkreis den oberen Teil unserer Luftröhre. Sie hat nicht nur die Form, sie hat auch die Sensibilität eines Schmetterlings. So wie die bunten Flatterer bei Kälte klamm werden und sich erst im warmen Licht der Sonne zu voller Pracht und Regsamkeit entfalten, reagiert auch unsere Schilddrüse, vermittelt durch den Hypothalamus, auf Wärme und Kälte, auf Licht und Dunkelheit. Kälte und Dunkelheit stimulieren ihre Aktivität, sie heizt die Verbrennungsprozesse in unseren Körperzellen so richtig an; bei einer Überfunktion neigen wir deshalb zum Schwitzen. Bei Licht und Wärme drosselt sie ihre Hormonausschüttung, unsere Heizung dreht auf Sparflamme; bei einer Unterfunktion erleben wir das als Frösteln oder Frieren.
Das sensible Organ ist ausgesprochen stressempfindlich und störanfällig. Zusätzlich zum Temperaturhaushalt reguliert es Körperwachstum und Stoffwechsel. Schier unerschöpflich sind die Symptome, die eine gestörte Funktion zu verursachen vermag. Das schon erwähnte übermässige Schwitzen oder Frieren ist nicht das Schlimmste davon. Die Palette allgemeiner Befindlichkeitsstörungen reicht von Depressionen oder Nervosität, Gedächtnisverlust und Leistungsabfall über Haarausfall und Gewichtsprobleme bis zu Herzrhythmusstörungen, Bluthochdruck, Schlaf- und Verdauungsstörungen.
Stabilisiert wird die Funktion der Schilddrüse in einem sich selbst steuernden, biologischen Regelkreis mit der Hirnanhangdrüse. Voraussetzung für die Herstellung der von unserem Körper benötigten Menge von Schilddrüsenhormon sind zwei Substanzen: Tyrosin, eine essentielle Aminosäure, und Jod, ein essentielles Spurenelement. Aus der Nahrung wird das Jod von unserem Darm fast komplett aufgenommen und gelangt so ins Blut. Innerhalb von 24 Stunden sammelt es sich in der Schilddrüse – die Angaben schwanken je nach Autor/in zwischen 40 und 98%. Eins steht jedoch fest: Zuwenig Jod, zuwenig Schilddrüsenhormon. Hier hat sich das vielgepriesene jodierte Speisesalz, zur Vorbeugung bei Jodmangel, im Alltag bestens bewährt.
Aber Vorsicht! Obwohl den meisten Menschen das allgemein hohe Jodangebot keine Probleme zu bereiten scheint, müssen ca. zehn Prozent der Bevölkerung darunter leiden: die Jodsensiblen. Bei ihnen führt eine erhöhte Jodzufuhr zu einer erhöhten Jodkonzentration in den Zellen ihrer Schilddrüse. Langsam aber sicher macht das die Schilddrüse kaputt.
Die nicht umkehrbare Zerstörung von funktionalem Schilddrüsengewebe führt folgerichtig zu einer Unterfunktion. Diese Unterfunktion entsteht also nicht durch Jodmangel! Nicht zuwenig Jod, sondern im Gegenteil zuviel davon ist die Ursache. Das Überangebot an Jod ist in unserem Land bei „normaler“ Kost garnicht mehr zu vermeiden. Eine Deklarationspflicht bei Zusatzjodierung – z.B. mit Jodsalz hergestellte Backwaren – gibt es nämlich nicht. Wissen Sie, ob in Ihrer Kantine oder in Ihrem Lieblingsrestaurant mit Jodsalz gekocht wird? Welchen Jodgehalt Ihr Mineralwasser hat? Wieviel Jod aus dem Tierfutter im Ei, im Käse, im Fleisch steckt?
Eine durch die allmähliche Zerstörung von Schilddrüsengewebe sich herausbildende Unterfunktion verläuft oft unbemerkt. Bis es zur Diagnose kommt, ist schon ein erheblicher Teil in funktionsloses Bindegewebe umgewandelt. Eine frühzeitige Erkennung der nach dem japanischen Pathologen Hakaru Hashimoto benannten chronischen Entzündung ermöglicht eine Behandlung mit Selen, wie Jod ein essentielles Spurenelement. Der Berliner Schilddrüsenexperte Prof. Dr. med. J.H. Hengstmann sagt, daß „Selen die Entzündung modifiziert“.
Eine bestehende Überfunktion der Schilddrüse wird durch ein zu hohes Jodangebot massiv verstärkt. Da bei einer Überfunktion der Schilddrüse sogar vom Aufenthalt in jodhaltiger Meeresluft abgeraten wird, ist kaum vorstellbar, dass durch eine dauerhaft erhöhte Jodzufuhr mit der Ernährung keine schädlichen Auswirkungen verbunden sein sollten.
In Zusammenarbeit mit dem Biochemischen Verein Groß-Berlin e.V., der mit Vortragsveranstaltungen und Büchertisch die Problematik einer unkontrollierten Jodierung in eine breiter werdende Öffentlichkeit trägt, entsteht in Berlin-Mitte derzeit eine Selbsthilfegruppe für Engagierte und Betroffene. Aus dem Vorstand des Vereins kommt auch ein interessanter Hinweis auf die homöopathische Beschreibung der Wirkung von Jod:
Wie alle giftigen Substanzen ist „Jodum“ verschreibungspflichtig bis einschließlich D3, vorsichtig zu dosieren und individuell anzupassen. Im seelisch-geistigen Bereich verursachen zu hohe Dosen Angst, Unruhe und Tötungsimpulse. – Wäre es da nicht denkbar, daß die zunehmende Aggressivität in unserer Gesellschaft in einem Zusammenhang steht mit der Jodierung der allgemein verzehrten Nahrungsmittel?
Yoga - Malerei - Soziale Plastik
Kali Balcerowiak, Künstlerin
Tel: 030 / 345 32 58 AB
Tips
Berlin, im April 2006
jodsensibel ?! selbsthilfegruppe berlin
c/o SHK Mitte / Tiergarten
kontakt kali balcerowiak fon 030 / 345 32 58
Website: http://jodsensibel.info