10.02.2006
Frau
Prof. Dr. med. Schumm-Draeger
III. Medizinische Abteilung
Klinikum Bogenhausen
Englschalkinger
Straße 77
81925 München
Ihre Äußerungen in der Apotheken Umschau vom 1. Februar 2006
Sehr geehrte Frau Professor Schumm-Draeger,
zu Ihren Äußerungen in der neuen Apotheken Umschau im Bericht „Krank durch die Schilddrüse“ möchten wir mit diesem Schreiben unsere Enttäuschung über den Inhalt des Artikels kundtun. Warum immer diese Halbwahrheiten, warum nichts über Hashimoto Thyreoiditis und darüber, dass Jod nicht für alle gut ist. Ach Gott, werden Sie jetzt vielleicht denken, wieder welche, die spinnen. Wir würden uns dennoch freuen, wenn Sie den Brief zu Ende lesen würden. Uns liegt es sehr am Herzen, Ihnen die folgenden Gedanken mitzuteilen.
Wie Sie ja aus Ihren persönlichen Forschungen wissen, gehört Hashimoto zu den häufigsten Autoimmmerkrankungen, ist aber leider wenig bekannt, selbst bei Ärzten. Hashimoto kann auch durch zuviel Jod ausgelöst werden, und wenn man die Krankheit hat, ist es sinnvoll, sich jodarm zu ernähren.
Im Bericht steht: „In Deutschland bekommen wir immer noch zu wenig Jod.“ Stimmt nicht. Von der WHO wird der Jodstatus in Deutschland als optimal bezeichnet (siehe: Iodine status worldwide, WHO 2004, ISBN 92 4 159200 1, Seite 11). In Deutschland ist fast alles jodiert: Salz, Fertigprodukte, Brot beim Bäcker, Nahrungsergänzungsmittel und alle tierischen Produkte dank der Tierfutterjodierung, so dass die tägliche Jodaufnahme bereits 2003 bei ca. 190µg lag (Hampel, Zöllner, „Zur Jodversorgung und Belastung mit strumigenen Noxen in Deutschland“, Ernährungs-Umschau 51 (2004) Heft 4 Seite 132). Laut WHO brauchen wir pro Kilogramm Körpergewicht 1-2µg Jod.
Das Risiko, zuviel Jod abzubekommen, ist inzwischen viel grösser als das, mangelversorgt zu sein. Leute, die behaupten, dass Jodzusätze zu Nebenwirkungen und Allergien führen können, haben definitiv Recht. Wieso werden denn Nebenwirkungen z.B. im Pschyrembel oder auf dem Beipackzettel von PVP-Jod-ratiopharm Salbe oder von Jodtabletten aufgeführt? Ist das alles Unsinn? Wir verstehen daher absolut nicht, wie man behaupten kann, dass Jodzusätze nichts machen. Wir haben es doch am eigenen Leib erfahren, was dann passiert. Sind wir alle Spinner oder Lügner? Hashimoto kann eben so oder so verlaufen. Zu welcher Seite man gehört, das kann man sich leider nicht aussuchen.
Wir finden, dass nichts, aber auch nichts auf der Welt rechtfertigt, Menschen einen Stoff unters Essen zu mischen, den sie nicht vertragen. Wir mischen ja auch keine Beta-Blocker unter das Essen, wo doch so viele Bluthochdruck haben, oder Aspirin (Schmerzen haben zahlreiche Menschen). Uns ärgert mächtig die Arroganz, mit der von höchster Stelle immer verleugnet und auch heruntergespielt wird, dass man Beschwerden durch zuviel Jod im Essen haben kann.
Wir finden es absolut nicht richtig, überall Jod beizumischen. Jeder ist und isst individuell. Jeder ist ein Unikat. Jeder reagiert anders. Warum werden wir eigentlich nicht ernst genommen? Nein, manche werden sogar noch krank dadurch, bewusst krank gemacht! (siehe: K.-M. Derwahl & J. Spitz, Schilddrüse und Arzneimitteltherapie, Probleme und offene Fragen, ISBN 3-9808004-4-X, ab Seite 45).
Wir fragen uns, haben die Verantwortlichen eigentlich kein schlechtes Gewissen? Zählt der Mensch nichts mehr, sondern nur noch das Geld? Denkt man, wer es verträgt, hat Glück, und wer nicht, der hat eben Pech gehabt?
Die Hashimoto-Kranken wurden vor der Lebensmitteljodierung prozentual noch gar nicht erfasst. Danach ist diese Krankheit rapide in die Höhe gegangen, was Radiologen bestätigen (siehe auch: Hotze u. Schumm-Draeger, Schilddrüsen-Krankheiten, 2003, ISBN 3-88040-002-4).
Das Problem mit den Vergrößerungen wird mit der Jodprophylaxe auch nicht gelöst. Eben weil jeder anders ist, muss jeder individuell behandelt werden und jeder soll seine persönliche zusätzliche Joddosis bekommen, wenn es sein muss. Was für den Einen zuviel ist, kann für den Anderen noch immer zu wenig sein. Die Jodprophylaxe hat auch keinen Einfluss auf die Anzahl der Knoten. Diese sind sogar noch mehr geworden (siehe oben genannten Artikel von Hampel und Zöllner). Dem entsprechend hat die Anzahl der Schilddrüsen-Operationen auch nicht abgenommen.
Also, warum das falsche Spiel mit dem Jod? Wem nützt es eigentlich? Wir finden es nicht rechtens, was da abläuft, dagegen wehren wir uns. Hashimoto wird als Macht-Nix-Krankheit dargestellt. Der Wissensstand unserer Ärzte bezüglich Diagnose und Therapie ist sehr schlecht. Wieso?
Können Sie sich überhaupt vorstellen, wie verletzend es für uns Betroffene ist, immer wieder zu hören und zu lesen, dass Jod nichts macht, und dass Hashimoto eine Macht- Nix- Krankheit ist, die ja leicht in den Griff zu kriegen ist. Das ist leider nicht immer so. Es geht vielen der Betroffenen schlecht – und zum Teil sehr schlecht. Die ganzen Beschwerden zählen wir hier nicht auf, Sie werden sie ja wohl kennen.
Wir freuen uns, dass Sie den Brief gelesen haben, auch wenn wir wissen, es wird nichts nützen. Oder vielleicht doch? Irgendwann? In ein paar Jahren? Wer weiß es?
Es grüßen Sie herzlich
Leni Reuters, Linnich
Miriam Buse, Köln
Ulrike Biber, Ingolstadt
Susanne Düffert, Berlin
Helga Schulzek, Mühlacker
Sabine Kehling, Dessau
Jutta Becker, Mainz
Carola Takács, Berlin
Sandra Eisenträger, Herleshausen
Katharina Jungkunz, Umkirch
Barbara Klaes, Köln
Norbert Nehring, Rimsting
Nina Kasprowicz, Berlin
Ilona Eckstein, Herborn-Burg
Diana Frey, Grünstadt
Michael D'Angelo, Bopfingen
Hildegard Seidel, Bischofsheim
Margrit Johnen, Hürtgenwald
Leni Quooss, Dahlem
Annemarie Schreyer, Norderstedt
Denise Tosun, Maintal
Katja Sahmel, Unna
Gerlind Kröger, Warburg
Marina Sacher, Ingolstadt
Sabine Kehling, Dessau
Natalie Fuchs, Grafenau
Dagmar Götte, Winterberg
Simona Storz, München
Anja Helmer, Flensburg
Nina Grönhagen, Soest
Adrienne Buchwald, Dresden
Inge Genctürk, Reinheim
Heike Hoffmann, Dortmund
Petra Kuss, Bruckmühl
Katja Hermann, Konstanz
Renata Gathmann, Lemgo
Vera Mindhoff, Köln
Maria Luckey, Köln
Elfriede Eger, Wallenfels
Helga Niewerth, Herne
Anna-Maria van Stiphoudt, Straelen
Heike Weißmann, Jockgim
Anke Sperling, Neuenhagen
Petra Nedell, Kemmenau
Sylvia Unterstein, Essen
Ursula Schley, Eberswalde
Karin Fink, Graz
Monika Breuer-Reinartz, Köln
Daniela Volgmann, Marienberg
Sandra Cubic, Backnang
René Meng, Berlin
Simone Schumacher, Filderstadt
Roswitha Nicklas, Kaiserslautern
Manuela Bindemann, Köln
Ulrike Lieblich, Saulheim
Ursula Greiner, Löffingen
Brigitte Schubje, Unterhaching
Nell Urban, Gießen
Katharina Grasegger, Garmisch-Partenkirchen
Anette Creson, Köln
Michael Hermann, Konstanz
Angelika Woworsky, Zerbst
Manfred Zimmermann, Berlin
Hans Wassenhoven, Viersen
Tanja Zipfel, München
Dagmar Gaber, Flensburg
Heiderose Lavan, Mannheim
Ilse Nicolaus, Oldenburg
Ariane Kaths, Wedemark
Matthias Hank, Stuttgart
Vivian Pfensig, Henstedt-Ulzburg
Bernd Reich, Bubenreuth
Claudia Reich, Bubenreuth
Doreen Zell, Langenfeld
Cornelia Trilling, Marl
Gaby Kettering, Ramberg
Petra Overkamp, Gronau
Beatrix Orth, Kaiserslautern
Elfriede Ermer, Weiden
Gisel Bayer, Berlin
Kopie an: Redaktion der Apotheken Umschau